Technische Anatomie und organoleptische Eigenschaften des iberischen Schinkens
Die Untersuchung der einzelnen Teile einer iberischen Schinkenkeule basiert im Wesentlichen auf der Analyse ihrer Muskelanatomie und der daraus resultierenden Variation der Fettverteilung. Diese Faktoren bestimmen das organoleptische Profil (Geschmack, Aroma, Textur) jedes Abschnitts. Ein Stück iberischer Schinken ist ein komplexes System, dessen Qualität anhand der Biomechanik des Schweins und des Reifeprozesses segmentiert wird.
Die Keule ist in drei anatomische und damit auch kommerzielle Hauptbereiche unterteilt:
Maza (Haupt- oder Hinterteil)
Dies ist der breiteste und fleischigste Bereich und entspricht dem Musculus biceps femoris und dem Musculus semimembranosus. Er liegt nach oben und gegenüber dem Hüftknochen. Er weist die höchste Konzentration an infiltriertem und intermuskulärem Fett auf. Dieses Fett, reich an Ölsäure (bis zu 55 %), schmilzt bei niedrigen Temperaturen, was zu einer intensiven Marmorierung führt. Intensiv, süß und anhaltend. Hier entfalten sich die intensivsten Aromen, da die längere Reifezeit und der höhere Anteil an Eichelfett die Bildung von aromatischen Estern und Aldehyden begünstigen. Sehr saftig, weich und schmelzend. Die Fettinfiltration verleiht ihm das charakteristische Gefühl von Brüchigkeit (leichtes Zerbröseln im Mund). Intensives und komplexes Aroma. Dies ist der Bereich mit der größten aromatischen Intensität. Da es der größte Teil ist, lässt er sich besser schneiden und die Qualität bleibt nach dem Öffnen des Schinkens länger erhalten.
Contramaza (Babilla)
Befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite der Maca, neben dem Hüftknochen (Sitzbein). Entspricht dem Vastus Lateralis und dem Musculus Rectus Femoris. Im Vergleich zur Muskatblüte hat sie weniger intramuskuläres Fett und eine geringere äußere Fettschicht. Die Muskeln sind länger und kompakter. Weniger intensiv und salziger. Die geringere Muskel- und Fettdicke ermöglicht eine stärkere und schnellere Salzdurchdringung beim Salzen, obwohl der Pökelprozess entsprechend länger dauert. Das Fleisch ist fester, weniger saftig und widerstandsfähiger gegen Kauen. Die fehlende ausgeprägte Marmorierung macht das Fleisch magerer. Weniger komplex, reiner und direkter. Es eignet sich ideal für den Anfang des Stücks, da es einen langsameren Verzehr ermöglicht, ohne dass die wertvollere Muskatblüte vorzeitig austrocknet.
Spitze (Hüfte oder Ellenbogen)
Das Ende des Stücks (gegenüber dem Huf), in der Nähe des Beckenknochens. Dies ist ein Bereich mit starker Muskelkonvergenz. Extrem hohe Konzentration an oberflächlichem Fett und auch hervorragende Infiltration in die Muskeln in der Nähe der Hüfte. Extrem kräftig und aromatisch. Eine längere Reifezeit und ein kontrollierter Salzgehalt sind üblich, was zu einem reichen und ausgeprägten Geschmack führt. Die sehr weiche und cremige Textur wird durch den hohen Anteil an gelöstem Fett im Muskel außergewöhnlich geschmeidig. Das konzentrierte Aroma mit ausgeprägteren Nuancen ist auf die Fettkonzentration und die Morphologie des Stücks zurückzuführen.
Sekundär- und Übergangszonen
- Jarrete: Muskelabschnitt in der Nähe des Hufs, hauptsächlich bestehend aus Beugemuskeln und Sehnen. Das Fleisch ist faserig und zäh, aber aufgrund der Nähe zum Knochen und der intensiveren Reifung sehr aromatisch. Ideal für Tacos oder Snacks.
- Codillo (Haxe): Der Teil, der den Kiefer mit der Maca verbindet. Er wird wegen seines hohen Deckfettgehalts und seiner intensiven Infiltration sehr geschätzt. Der Geschmack liegt zwischen Maza und Jarrete, mit einer sehr faserigen Textur, die mit dem Schmelzen des Fettes weicher wird.
- Knochen/Mark: Der Knochen, insbesondere der Oberschenkelknochen und die Hüfte (Coxal), trägt zur Reifung bei. Das lipidreiche Knochenmark liefert zusätzliche flüchtige Verbindungen an die umgebende Muskulatur und intensiviert so das endgültige Aroma.
Organoleptische Übersicht der Teile einer iberischen Schinkenkeule
Die iberische Schinkenkeule weist einen organoleptischen Gradienten auf, der vom saftigsten und süßesten (Maza) bis zum intensivsten und gereiftesten (Punta und Jarrete) reicht. Das Verhältnis von Muskel zu infiltriertem Fett (das bei Maza und Punta höher sein sollte) und die Dehydrationskinetik (schneller bei Contramaza) sind die technischen Faktoren, die diese Unterschiede erklären. Die Kunst des Schinkenmeisters besteht darin, den Reifeprozess so zu steuern, dass dieses Aromenspektrum sein volles Potenzial entfalten kann. Die DOP sorgt durch die erforderliche lange Mindestreife dafür, dass auch die magersten Stellen ein ausreichendes Aromaprofil entwickeln.